Wer aus den USA oder anderen Ländern in die Schweiz zieht, kennt meist das System mit einem einzigen Credit Score. In der Schweiz funktioniert das Bonitätssystem jedoch anders – und das kann für Neuankömmlinge verwirrend sein.
Anstelle eines einzigen Credit Scores bewerten Banken und Kreditgeber die Kreditwürdigkeit anhand verschiedener Datenquellen. Die ZEK (Zentralstelle für Kreditinformation), die IKO (Informationsstelle für Konsumkredit), das Betreibungsregister und private Wirtschaftsauskunfteien prüfen, wie vertrauenswürdig Personen als Zahlerinnen oder Zahler gelten.
Für Expats bedeutet das: Der ausländische Credit Score hilft nicht weiter. Sie müssen Ihre Kreditwürdigkeit in der Schweiz von Grund auf neu aufbauen. In diesem Artikel erfahren Sie, wie das Schweizer Bonitätssystem funktioniert, welche Institutionen wichtig sind und wie Sie Ihre Kreditwürdigkeit erfolgreich aufbauen können.
Inhaltsverzeichnis
Wie funktioniert das Schweizer Bonitätssystem?
Die Schweiz arbeitet nicht mit einer einheitlichen Punktzahl, sondern mit Vermerken und Codes. Die ZEK (Zentralstelle für Kreditinformation) speichert alle Kreditdaten: von Kreditkarten über Leasing bis zu abgelehnten Anfragen. Parallel dazu erfasst die IKO (Informationsstelle für Konsumkredit) spezifisch Daten zu Privatkrediten und Leasinggeschäften, um Überschuldung zu verhindern.
Ein sauberer Eintrag (zum Beispiel Code 00) bedeutet, dass keine negativen Daten vorliegen und Kredite grundsätzlich möglich sind. Schlechtere Codes zeigen beispielsweise Rückstände oder Ausfälle an. Die Bonität ergibt sich aus der Gesamtschau. Pünktliches Zahlen verbessert das Profil, während offene Schulden es verschlechtern.
Wer sammelt Ihre Bonitätsdaten?
In der Schweiz gibt es mehrere Akteure, die Bonitäts- und Schuldendaten sammeln. Die wichtigsten sind:
ZEK (Zentralstelle für Kreditinformation): Die ZEK führt eine zentrale Bonitätsdatenbank, in der alle Kreditanfragen und -verträge ihrer Mitglieder registriert werden. Banken melden der ZEK sowohl positive Vertragsdaten als auch Zahlungsprobleme. Die ZEK-Datenbank ist nicht öffentlich zugänglich. Sie dient hauptsächlich dazu, Kreditgeber vor Überschuldung der Kundschaft zu schützen.
IKO (Informationsstelle für Konsumkredit): Die IKO sammelt Daten zu Privatkrediten und Leasinggeschäften zu Konsumzwecken. Alle Schweizer Kreditgeber (auch Kreditkartenanbieter) müssen der IKO Meldung erstatten und die IKO-Auskunft prüfen, bevor sie einen Konsumkredit gewähren. Die IKO hilft somit, Überschuldung zu vermeiden, indem sie beispielsweise überwacht, wie viele Kredite eine Person parallel laufen hat.
Private Wirtschaftsauskunfteien: Zu den privaten Wirtschaftsauskunfteien zählen Firmen wie CRIF, Intrum Justitia, Dun & Bradstreet oder Creditreform. Sie sammeln Bonitätsinformationen über Privatpersonen für verschiedene Zwecke. Diese Daten umfassen neben Kreditinformationen oft auch Einträge aus Inkassofällen, Konkursen und sogar positives Zahlungsverhalten (etwa pünktliche Bezahlung von Rechnungen). Solche Wirtschaftsauskunfteien vergeben häufig einen eigenen Bonitätsscore (beispielsweise numerische Scores von CRIF), den Unternehmen wie Versandhändler oder Telekom-Anbieter abfragen können, um Ihre Zahlungswahrscheinlichkeit einzuschätzen.
Betreibungsämter: Eine Besonderheit in der Schweiz ist das Betreibungsregister. Jeder Kanton oder jeder Bezirk führt ein Register aller amtlichen Schuldbetreibungen (Zwangsvollstreckungen). Wenn jemand Rechnungen nicht bezahlt und ein Gläubiger das Betreibungsverfahren einleitet, wird dies im Betreibungsregister vermerkt. Vermieter verlangen bei Mietbewerbungen fast immer einen Auszug aus dem Betreibungsregister – das ist sozusagen der «Bonitätsausweis» für Mieterinnen und Mieter in der Schweiz. Ein leerer Betreibungsregisterauszug (das heisst keine Einträge) gibt Vermietenden das nötige Vertrauen. Unternehmen und Banken ziehen Betreibungsinformationen ebenfalls hinzu: Eine saubere Betreibungshistorie bedeutet, dass Sie Ihre Rechnungen bisher beglichen haben. Sind jedoch mehrere Einträge vorhanden, wirkt sich dies negativ auf Ihre Kreditwürdigkeit aus.
Wann wird Ihre Bonität geprüft?
Grundsätzlich immer dann, wenn Sie eine finanzielle Verpflichtung eingehen möchten, bei der die andere Partei ein Risiko trägt. Einige typische Situationen sind:
Beantragung von Kreditprodukten: Bevor Ihnen eine Bank einen Privatkredit, eine Kreditkarte oder eine Hypothek gewährt, überprüft sie Ihre Kreditwürdigkeit. Die Bonitätsprüfung ist hierbei sogar gesetzlich vorgeschrieben. Das Konsumkreditgesetz verlangt, dass ein Kredit Sie nicht in die Überschuldung treibt. Die Bank wird Ihr Budget (Einkommen minus Ausgaben) prüfen und externe Auskünfte von der ZEK, der IKO und Wirtschaftsauskunfteien einholen. Wer diese Prüfung nicht besteht, erhält keinen Kredit. Eine gute Bonität führt dagegen eher zur Kreditzusage und zu besseren Zinssätzen.
Leasing und Ratenkäufe: Ähnlich wie bei Krediten wird auch beim Autoleasing oder beim Kauf teurer Waren auf Raten Ihre Bonität geprüft. Anbieter holen Auskünfte ein, um sicherzustellen, dass Sie sich die Raten leisten können und bislang Ihre Verpflichtungen erfüllt haben. Ist Ihr Score oder Ihr ZEK-Eintrag negativ (etwa frühere Zahlungsausfälle), wird man Ihnen in der Regel kein Leasing anbieten.
Abschluss von Verträgen (Handy-, Internet-Abo, etc.): Auch im Alltag spielt die Bonität eine Rolle. Wenn Sie ein Mobiltelefon-Abo, einen neuen Internetvertrag oder Einkäufe auf Rechnung abschliessen möchten, kann der Anbieter Ihre Zahlungsfähigkeit prüfen. Ein negativer Eintrag kann dazu führen, dass Sie nur gegen Kaution oder Vorauszahlung bedient werden. Viele Online-Shops und Versandhändler nutzen Dienste wie CRIF, um bei Bestellungen auf Rechnung automatisch eine Bonitätsprüfung durchzuf ühren. Fällt diese schlecht aus, dürfen Sie gegebenenfalls nicht per Rechnung kaufen.
Mietwohnungen: Wie oben erwähnt, verlangen Vermieter fast immer einen Betreibungsregisterauszug. Das ist der Schweizer Bonitätscheck für Mieterinnen und Mieter. Ein einziger negativer Eintrag (eine unbezahlte Rechnung, die zur Betreibung führte) kann schon genügen, um bei der Wohnungsbewerbung auf Ablehnung zu stossen. Umgekehrt gilt: Keine Einträge im Register bedeuten, dass Sie als verlässlich in Zahlungsdingen gelten. Deshalb ist es enorm wichtig, Mahnungen ernst zu nehmen und Betreibungen zu vermeiden, gerade wenn Sie eine neue Wohnung suchen.
Wie können Sie Ihre eigene Bonität prüfen?
In der Schweiz haben Sie das Recht, zu sehen, was über Ihre Kreditwürdigkeit gespeichert ist. Hier sind die drei wichtigsten Wege:
ZEK-Auszug
Der ZEK-Auszug zeigt, welche Kreditkarten, Kredite oder Anfragen in Ihrem Namen erfasst wurden. Sie können den Auszug über zek.ch beantragen, indem Sie das Online-Formular ausfüllen oder per Post einen Antrag stellen. Sie erhalten eine Übersicht aller Einträge (etwa Codes für Kreditanfragen, laufende Verpflichtungen, Zahlungsverzögerungen).Bonitäts-Score bei Wirtschaftsauskunfteien
Wirtschaftsauskunfteien wie CRIF, Intrum oder IKO vergeben teilweise eigene Scores (CRIF beispielsweise mit einem Wert von 1 bis 600). Auskünfte können Sie über crif.ch, intrum.ch oder iko-info.ch beantragen, indem Sie das Formular auf der Website ausfüllen und eine Kopie Ihres Ausweises hochladen. In der Regel ist die Auskunft einmal pro Jahr kostenlos.Betreibungsregisterauszug
Ein Betreibungsregisterauszug wird oft bei Mietbewerbungen verlangt. Er zeigt an, ob offene Schulden amtlich eingetrieben wurden. Sie können den Auszug beim Betreibungsamt Ihres Wohnorts beantragen, entweder online, per Post oder am Schalter. Die Kosten betragen in der Regel 17 bis 20 Franken.
Tipp: Falls falsche Daten auftauchen, können Sie eine Korrektur verlangen. Einmal pro Jahr hineinzuschauen kann helfen, den Überblick zu behalten – gerade wenn Sie neu in der Schweiz sind.
Wie kann sich die Bonität entwickeln?
Die Grundlagen für eine stabile Kreditwürdigkeit in der Schweiz unterscheiden sich kaum von denen anderer Länder: Zahlungsverhalten, Verschuldungsgrad und Kontinuität spielen eine zentrale Rolle.
Pünktlich zahlen: Ein einziger Zahlungsverzug kann Mahnungen und im schlechtesten Fall eine Betreibung nach sich ziehen. In der ZEK- und Betreibungsakte kann das Spuren hinterlassen – mit Auswirkungen auf künftige Kreditentscheide. Wer rechtzeitig zahlt, bleibt in der Regel positiv vermerkt.
Verschuldung im Griff haben: Ein hoher Schuldenstand oder mehrere parallel laufende Kredite können sich negativ auf die Kreditwürdigkeit auswirken. Auch bei Kreditkarten gilt: Ein dauerhaft ausgereizter Verfügungsrahmen wird von Banken nicht immer als Zeichen finanzieller Stabilität gewertet.
Kreditanfragen gezielt stellen: Jede Anfrage wird in der ZEK-Datenbank erfasst – auch wenn es nur um Offerten geht. Wer gleichzeitig mehrere Kreditanfragen stellt, kann damit den Eindruck erwecken, dringend auf Geld angewiesen zu sein. Viele Anbieter bevorzugen Kundinnen und Kunden, die gezielt und strukturiert vorgehen.
Bonitätsdaten im Blick behalten: Selbstauskünfte bei der ZEK, der IKO oder der CRIF geben Aufschluss darüber, welche Informationen gespeichert sind. Fehlerhafte oder veraltete Einträge können vorkommen, aber es besteht die Möglichkeit zur Korrektur. Wer seine Akte kennt, ist oft besser vorbereitet.
Stabilität zeigen: Statistisch gesehen gelten regelmässige Wohn- und Arbeitsverhältnisse als Hinweis auf Verlässlichkeit. Häufige Wechsel des Jobs oder der Adresse lassen sich nicht immer vermeiden, können aber als Unsicherheitsfaktor wahrgenommen werden. Eine aktuelle Adresse und ein klar nachvollziehbarer Lebenslauf wirken dagegen vertrauensfördernd.
Zählt Ihr ausländischer Credit Score?
Nein, Schweizer Kreditgeber akzeptieren ausländische Credit Reports in der Regel nicht, um Ihre Bonität zu beurteilen. Das liegt daran, dass jedes Land unterschiedliche Scoring-Kriterien hat, die nicht direkt vergleichbar sind. Wenn Sie neu in die Schweiz kommen, beginnen Sie im hiesigen System bei null. Selbst ein exzellenter amerikanischer Credit Score oder eine deutsche Schufa ohne Negativeinträge werden in der Schweiz nicht automatisch berücksichtigt. Für Expats hat das sowohl Vor- als auch Nachteile:
Vorteil: Sollten Sie in der Vergangenheit im Ausland einen Schufa-Eintrag oder ein paar verspätete Zahlungen gehabt haben, «verfolgt» Sie das in der Schweiz nicht. Ihre Schweizer Bonität ist unbelastet, solange Sie hier positiv wirtschaften.
Nachteil: Andererseits profitieren Sie auch nicht von einem guten ausländischen Ruf. Sie müssen sich erst Vertrauen aufbauen, indem Sie hier verantwortungsbewusst mit Finanzprodukten umgehen.
Fazit: Bonität statt Credit Score
Ein Credit Score wie in den USA gibt es in der Schweiz nicht. Aber Ihre Bonität wird sehr wohl bewertet – und sie entscheidet, ob Sie Zugang zu Krediten, Wohnungen und Verträgen bekommen. Wer sauber wirtschaftet, hat wenig zu befürchten. Schauen Sie regelmässig in Ihre Daten, reagieren Sie bei Problemen früh und bauen Sie sich Schritt für Schritt eine Schweizer Finanzreputation auf.

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