Krankenversicherung
By Alpian16. Mai 2025

Krankenversicherung in der Schweiz: der umfassende Ratgeber für Expats

Ein neues Leben in der Schweiz zu beginnen, bringt zahlreiche Aufgaben mit sich: Aufenthaltsbewilligung beantragen, eine Wohnung finden, ein Bankkonto eröffnen. Und spätestens nach den ersten Arztbesuchen stellt sich eine weitere Frage: Wie funktioniert die Krankenversicherung in der Schweiz eigentlich?

Die Antwort ist klar und direkt: Wer in der Schweiz lebt, muss sich innerhalb von 90 Tagen bei einer anerkannten Krankenkasse versichern. Diese Pflicht gilt für alle Einwohnerinnen und Einwohner, unabhängig von Herkunft, Alter oder Beschäftigung. Wer diese Pflicht ignoriert, riskiert nicht nur eine Zwangszuweisung, sondern auch rückwirkende Prämienzahlungen – teilweise mit Zuschlag.

Dieser Ratgeber hilft Ihnen als Expat, die wichtigsten Punkte zu verstehen: Wie das Schweizer Versicherungssystem aufgebaut ist, welche Anbieter für Sie infrage kommen, welche Kosten realistischerweise auf Sie zukommen und wie Sie diese durch wohlüberlegte Entscheidungen senken können.

Das Schweizer Krankenversicherungssystem im Überblick

Das System basiert auf dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung – kurz KVG. Dieses regelt die sogenannte obligatorische Grundversicherung, welche medizinische Grundleistungen abdeckt.

Das bedeutet:

  • Jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz muss sich versichern.

  • Der Versicherungsschutz umfasst Leistungen bei Krankheit, Mutterschaft und Unfall (letzteres nur, wenn kein separater Unfallschutz besteht).

  • Die Versicherung wird nicht über den Arbeitgeber geregelt; jede Person wählt selbst einen Anbieter.

Anders als in vielen Ländern läuft die Versicherung in der Schweiz nicht über das Arbeitsverhältnis. Stattdessen wählen alle Versicherten ihre Krankenkasse selbst. Etwa 60 private, nicht gewinnorientierte Versicherer bieten die gesetzlich festgelegte Grunddeckung an. Die Leistungen sind bei allen Anbietern identisch. Unterschiede bestehen lediglich bei der Prämienhöhe, beim gewählten Versicherungsmodell und beim Kundendienst.

Neben der Grundversicherung können Sie freiwillige Zusatzversicherungen abschliessen. Diese decken beispielsweise Zahnbehandlungen, alternative Therapien oder halbprivate Spitalaufenthalte ab. Im Gegensatz zur Grundversicherung unterliegen diese Policen nicht dem KVG. Sie erfordern meist eine Gesundheitsprüfung und können Leistungen einschränken oder ganz ausschliessen.

Versicherungspflicht und Fristen für Expats

Die Versicherungspflicht gilt fast ausnahmslos für alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz – also auch für Sie als Expat. Nach Ihrer Ankunft bleiben Ihnen 90 Tage Zeit, um eine Grundversicherung abzuschliessen. Wird diese Frist nicht eingehalten, kann die zuständige Behörde Ihnen eine Krankenkasse zuweisen. In diesem Fall müssen Sie die Prämien rückwirkend bezahlen, teilweise mit einem Aufschlag.

Gibt es Ausnahmen? Ja, aber diese sind selten. Befreiungen können beantragt werden von:

  • Mitarbeitenden internationaler Organisationen oder diplomatischer Vertretungen

  • Studierenden mit gleichwertiger ausländischer Versicherung

  • Grenzgängerinnen und Grenzgängern mit EU-/EFTA-Versicherung

  • Personen mit exklusiver Rente aus dem Ausland

Für alle anderen Expats ist die Regelung eindeutig: Wer in der Schweiz wohnt, muss eine Grundversicherung bei einem zugelassenen Anbieter abschliessen, unabhängig davon, ob eine ausländische Police besteht oder nicht.

Grund- und Zusatzversicherung: Was ist Pflicht, was optional?

Die Grundversicherung deckt eine breite Palette medizinischer Leistungen ab. Dazu gehören unter anderem Arztbesuche, Spitalaufenthalte in der allgemeinen Abteilung, Medikamente gemäss der Spezialitätenliste sowie Schwangerschaft und Geburt. Auch präventive Leistungen wie Impfungen und Gesundheitschecks sind eingeschlossen.

Wenn Sie Wert auf erweiterte Leistungen legen (etwa freie Spitalwahl, alternative Therapien oder eine Deckung im Ausland), können Sie eine Zusatzversicherung abschliessen. Diese ist jedoch freiwillig und wird von den Krankenkassen individuell gestaltet. Eine Gesundheitsprüfung ist bei Zusatzversicherungen üblich, denn bestimmte Vorerkrankungen können zum Ausschluss einzelner Leistungen führen.

Als Expat sollten Sie Zusatzversicherungen nur dann abschliessen, wenn ein tatsächlicher Bedarf besteht, denn jede zusätzliche Police bedeutet höhere Kosten. In vielen Fällen reicht die Grundversicherung für den Alltag vollkommen aus.

Prämien, Franchise und Selbstbehalt: So setzen sich die Kosten zusammen

Die monatlichen Prämien hängen von verschiedenen Faktoren ab. Besonders relevant sind Ihr Alter, Ihr Wohnort, das gewählte Versicherungsmodell und die Höhe der gewählten Franchise. Je höher die Franchise, desto tiefer fällt Ihre monatliche Prämie aus – allerdings tragen Sie dann im Krankheitsfall einen grösseren Anteil selbst.

Die minimal mögliche Franchise für Erwachsene beträgt 300 CHF pro Jahr. Wenn Sie hingegen die maximale Franchise von 2500 CHF wählen, profitieren Sie von einem deutlich günstigeren monatlichen Beitrag, müssen aber bis zu diesem Betrag alle Behandlungskosten selbst übernehmen. Zusätzlich fällt ein Selbstbehalt von 10 % auf alle weiteren Kosten an, nachdem die Franchise aufgebraucht ist. Der maximale Selbstbehalt liegt bei 700 CHF pro Jahr für Erwachsene, bei Kindern bei 350 CHF. Ein weiterer fixer Betrag ist der tägliche Spitalbeitrag von 15 CHF bei stationären Aufenthalten.

Im Jahr 2024 lagen die durchschnittlichen Prämien für Erwachsene bei rund 357 CHF pro Monat. In Zürich zahlte beispielsweise eine 30-jährige Person mit CHF 300 Franchise je nach Anbieter zwischen CHF 300 und CHF 420. Bei maximaler Franchise reduziert sich dieser Betrag auf etwa CHF 200 bis CHF 250.

Hinweis: Die aufgeführten Prämien dienen ausschliesslich zur Veranschaulichung. Es handelt sich um Beispielwerte ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Aktualität. Die tatsächlichen Kosten können je nach Wohnkanton, Alter, Franchise, Versicherungsmodell und individueller Situation variieren. Für verbindliche Offerten wenden Sie sich bitte direkt an die jeweilige Versicherung oder nutzen Sie das offizielle Vergleichsportal priminfo.admin.ch. Alpian bietet keine Krankenversicherungen an und spricht keine Produktempfehlungen aus.

Versicherungsmodelle: Flexibilität oder Sparpotenzial?

In der Schweizer Grundversicherung bezeichnet das «Modell» den Ablauf, wie Sie medizinische Leistungen in Anspruch nehmen – also an wen Sie sich zuerst wenden müssen, wenn Sie erkranken. Die Leistungen selbst bleiben bei allen Modellen identisch, aber je nach gewähltem Modell unterscheidet sich der Weg zur Behandlung und die Höhe Ihrer Prämie.

  1. Standardmodell: Dieses Modell ermöglicht Ihnen volle Flexibilität: Sie können jede Ärztin oder jeden Arzt direkt aufsuchen – ohne Umwege. Diese Freiheit hat allerdings ihren Preis, denn das Standardmodell ist in der Regel die kostenintensivste Option.

  2. Hausarztmodell: Hier verpflichten Sie sich, im Krankheitsfall immer zuerst Ihre definierte Hausarztpraxis zu kontaktieren. Diese koordiniert die Behandlung und überweist Sie bei Bedarf an Spezialistinnen und Spezialisten. Das Modell eignet sich für Personen, die ohnehin eine Hausärztin oder einen Hausarzt ihres Vertrauens haben, und bietet dabei Prämienrabatte von rund 10 bis 20 %.

  3. HMO-Modell (Health Maintenance Organization): Bei diesem Modell werden alle medizinischen Leistungen innerhalb eines festen Netzwerks von Ärztinnen und Ärzten erbracht. Die Wahlfreiheit ist etwas eingeschränkt, dafür sind die Abläufe effizient organisiert und die Prämien oft tiefer als beim Hausarztmodell.

  4. Telmed-Modell: Dieses Modell beginnt mit einem telefonischen Erstkontakt. Bevor Sie eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen, klären Sie Ihr Anliegen mit einer medizinischen Beratungsstelle. Erst nach diesem Gespräch erfolgt, falls notwendig, eine Zuweisung. Wer medizinische Fragen gerne zuerst telefonisch bespricht, profitiert hier von attraktiven Prämienrabatten ohne Einbussen bei der Versorgungsqualität.

Die Wahl des richtigen Anbieters: Worauf es neben dem Preis ankommt

Obwohl alle Krankenkassen denselben Leistungskatalog für die Grundversicherung bieten, unterscheiden sie sich in mehreren Aspekten. Für Sie als Expat sind insbesondere Servicequalität, digitale Prozesse und Kundendienst in mehreren Sprachen relevant. Einige Anbieter bieten spezifische Programme für internationale Versicherte, inklusive Beratung auf Englisch oder vereinfachten digitalen Abläufen.

Zu den grösseren und bekanntesten Krankenkassen in der Schweiz zählen CSS, Helsana, SWICA, Sanitas, Assura, Groupe Mutuel und Visana. Alle diese Anbieter verfügen über die notwendige Zulassung der Finanzmarktaufsicht (FINMA) und sind schweizweit tätig.

Wenn Sie sich einen Überblick verschaffen möchten, können Sie das Vergleichsportal priminfo.admin.ch nutzen. Die Plattform wird vom Bund betrieben und bietet eine transparente Übersicht über Prämien, Modelle und Franchiseoptionen ohne kommerzielle Interessen.

Wie sich Gesundheitskosten senken lassen

Die Wahl der passenden Franchise ist einer der wirkungsvollsten Hebel. Wenn Sie selten medizinische Leistungen beanspruchen, fahren Sie mit einer hohen Franchise finanziell besser, auch wenn im Einzelfall höhere Eigenkosten entstehen. Wenn Sie hingegen regelmässig medizinische Betreuung benötigen, sollten Sie die tiefe Franchise wählen, um nicht jährlich mehrere Tausend Franken selbst tragen zu müssen.

Ein weiterer Hebel liegt in der Wahl des Versicherungsmodells. Wenn Sie ein alternatives Modell wie Hausarzt, HMO oder Telmed nutzen, können Sie bis zu 20 % der monatlichen Prämie einsparen, ohne auf notwendige Leistungen zu verzichten.

Für Erwerbstätige lohnt sich zudem der Ausschluss der Unfalldeckung, sofern Sie mehr als acht Stunden pro Woche arbeiten. In diesem Fall übernimmt Ihr Arbeitgeber den obligatorischen Unfallschutz, und Ihre Krankenkassenprämie kann um rund 7 bis 10 % reduziert werden.

Je nach Einkommen und Kanton können Sie eine Prämienverbilligung beantragen. Dieser staatliche Zuschuss hilft insbesondere Haushalten mit mittlerem oder tiefem Einkommen. Der Antrag muss direkt bei der kantonalen Ausgleichskasse gestellt werden und basiert meist auf Steuerdaten des Vorjahres.

Und noch ein letzter Spartipp: Die Prämienlandschaft ändert sich jedes Jahr. Wenn Sie Ihren Anbieter regelmässig prüfen und vergleichen, können Sie mit einem Kassenwechsel mehrere Hundert Franken jährlich sparen. Der Wechsel ist unkompliziert; die Kündigungsfrist ist jeweils der 30. November.

Was ist mit ausländischen Versicherungen?

Viele Expats fragen sich, ob eine bestehende Police aus dem Heimatland weiterhin gültig ist. Die Antwort lautet in den meisten Fällen: nein. Mit Wohnsitznahme in der Schweiz gilt die Versicherungspflicht und eine ausländische Versicherung ersetzt die Grunddeckung nach KVG nicht.

Wenn Sie eine internationale Privatversicherung mitbringen, können Sie diese allenfalls als Ergänzung behalten, etwa zur weltweiten Deckung oder für spezifische Behandlungen. Sie ersetzt jedoch nicht die gesetzlich vorgeschriebene Grundversicherung in der Schweiz.

Fazit: Durchdachte Entscheidungen für optimalen Versicherungsschutz

Die Krankenversicherung in der Schweiz ist zwar komplex, aber auch gut strukturiert. Für Sie als Expat bedeutet sie einerseits eine finanzielle Verpflichtung, andererseits aber auch Zugang zu einer der besten Gesundheitsversorgungen weltweit.

Wenn Sie Ihre Optionen kennen, können Sie die Kosten kontrollieren, ohne bei der Qualität Kompromisse einzugehen. Eine kluge Wahl der Franchise, des Modells und des Anbieters sowie regelmässige Vergleiche bringen Ihnen langfristig finanzielle Entlastung.